Was sind Trüffel?

Einführung

Um diese Frage zu beantworten muss man sich erstmal im Klaren sein, von welcher Seite man den Begriff Trüffel beleuchten und somit definieren möchte. Trüffel sind ein spannendes Thema, haben zahlreiche Facetten und eine sehr lange Geschichte.
Führt man eine Umfrage über Trüffel durch verbinden die meisten Leute damit in erster Linie einen seltenen, kulinarisch hochwertigen und teuren Edelpilz mit einem speziellen Geruch und intensivem Aroma.
Andere assoziieren mit Trüffel auch etwas Mystisches und Rätselhaftes, was damit zu tun hat, dass der Pilz unterirdisch im Verborgenen wächst und somit etwas Unnahbares widerspiegelt. In diesem Zusammenhang gibt es auch einige sich rankende geheimnisvolle Legenden. Kaum eine andere Delikatesse hat die Phantasie in Dichter-, Philosophen- und Gourmetkreisen seit der Antike derart angeregt wie die Trüffel. Seit Jahrhunderten kursieren Gerüchte über eine Potenz- und Libido- steigernde Wirkung. Bereits die Griechen und Römer glaubten an die heilenden und aphrodisischen Kräfte der Liebesknolle und auch im 18. Jhd. war an europäischen Fürstenhöfen die Trüffel als ein Symbol für Jugend und Fruchtbarkeit eine heiß begehrte Gaumenfreude. Während die alten Griechen schon glaubten, dass Blitz und Donner die Trüffel hervorbringen, wird auch heute noch in Italien aus Kinderbüchern vorgelesen, dass die Knollen nur nachts bei Mondschein wachsen. Tatsächlich ziehen die Trüffeljäger dort frühestens bei Einbruch der Dämmerung mit Taschenlampe in den Wald.
Nicht zuletzt oder gerade aufgrund all dieser einzigartigen und magischen Eigenschaften landen die edlen Knollen bis heute auf dem Speiseteller der Reichen und Feinschmecker. Heutige Gourmets zahlen für den Genuss Schwindel erregende Preise von einigen tausend Euro pro Kilo. Allen voran steht die weiße Albatrüffel (Tuber magnatum), dicht gefolgt von der schwarzen Périgordtrüffel (Tuber melanosporum). Auch für die Burgunder- oder Herbsttrüffel (Tuber uncinatum), die Sommertrüffel (Tuber aestivum), die Wintertrüffel (Tuber brumale), die Großsporige Trüffel (Tuber macrosporum) oder die Frühlingstrüffel (Tuber borchii) greifen viele Trüffelliebhaber tief in die Tasche.
Bei einigen werden bei dem Gedanken an Trüffel auch Urlaubsgefühle geweckt, da sie mit dem Pilz ein mediterranes Flair verknüpfen. Schließlich kommen die teuersten Trüffel aus den Mittelmeerländern wie z.B. Italien, Frankreich, Spanien oder Istrien.
Was die meisten Menschen allerdings nicht wissen: In Deutschland gibt es auch Trüffel! Selbst unter vielen Pilzfreunden und sogar Experten ist der Glaube an ein trüffelarmes Deutschland noch weit verbreitet. Dieser Irrglaube stammt in erster Linie aus der Fachliteratur. Trüffel der Gattung Tuber stehen seit 1986 auf der Roten Liste als „ausgestorben“, „verschollen“, „vom Aussterben bedroht“ oder „gefährdet“. Und noch besser: Was nahezu alle Menschen in Erstaunen versetzt ist die Tatsache, dass Deutschland bis Anfang des 20. Jahrhunderts sogar Trüffel-Exportnation war!!! Nun ist es durchaus eine berechtigte Frage, wie es dazu kommen konnte, dass dieses Wissen verloren gegangen ist und Deutschland heute für Millionen von €uro Trüffel aus dem Ausland importiert? Lesen Sie hierzu unter Trüffelgeschichte: „Deutschland, das vergessene Trüffelland.

Trüffel aus biologischer Sicht

Trüffel sind unterirdisch (hypogäisch) wachsende, mehr oder weniger knollenförmige Pilze. Genau genommen ist der eigentliche Pilz ein weitreichendes unter der Erde wachsendes Geflecht von fadenförmigen Pilzzellen (Hyphen), das als Mycel bezeichnet wird. Trüffel sind nur die Fruchtkörper, das Vermehrungsorgan des Pilzgeflechtes (so wie jeder andere Pilz auch!), vergleichbar mit dem Apfel eines Apfelbaumes.
Die „Echten Trüffel“ der Gattung Tuber umfassen weltweit etwa 140 bekannte Arten. Diese gehören zur Klasse der Schlauchpilze (Ascomycetes).
Pilze im Allgemeinen sind nicht wie Pflanzen in der Lage Photosynthese zu betreiben und können damit ihre Lebensenergie nicht aus dem Sonnenlicht gewinnen. Sie sind heterotroph. Dies bedeutet, dass sie für ihren Stoffwechsel auf die von anderen Lebewesen gebildeten organischen Nährstoffe angewiesen sind. Der Trüffelpilz wächst deshalb immer in Symbiose mit bestimmten Baum- oder Straucharten. Sein Hyphengeflecht (Mycel) verbindet sich mit den Saugwurzeln der Pflanzen, um über diese Schnittstelle zum gegenseitigen Nutzen Stoffe auszutauschen. Der Pilz vergrößert mit seinen feinen Hyphen die Aufnahmefläche der Wurzeln um das fünfzig-fache und hilft so der Pflanze Wasser und wertvolle Mineralstoffe aufzunehmen. Quasi als Gegenleistung erhält er für sein Wachstum diverse vom Baumpartner produzierte Nährstoffe wie Kohlenhydrate und Vitamine - ein von der Natur ausgedachter genialer Handel! Ohne den anderen könnte keiner von beiden überleben.
Diese Symbiose bzw. Lebensgemeinschaft zwischen Pilzen und höheren Pflanzen bezeichnet man als Mykorrhiza (von griechisch: mykes = Pilz; rhiza = Wurzel).

Was bedeutet dies nun für den Trüffelliebhaber?

Ganz einfach: Trüffel können nicht wie so manch andere Pilze (z. B. Champignon oder Austernpilz) im Keller kultiviert werden! Der Grund: Trüffel benötigen als Mykorrhiza-Pilze für ihre Entwicklung und ihr Fortleben immer eine geeignete (grüne) Wirtspflanze.
Wer dennoch auf die Trüffelernte nicht verzichten möchte, hat mit dem richtigen Know-how die Möglichkeit auf seinem Grundstück junge Trüffelbäume zu pflanzen.
Während in Deutschland das Sammeln von Trüffeln der Gattung Tuber in freier Natur streng verboten ist, erlaubt das Gesetz die Ernte und Vermarktung aus eigenem Anbau.

Lebenszyklus Trüffel

Die wohl markanteste charakteristische Eigenschaft der Trüffel ist ohne Zweifel sein aufdringlicher spezieller Geruch. Und das nicht ohne Grund! Wie soll es anders sein, versteckt sich dahinter der wichtigste biologische Sinn eines Lebewesens: Die Fortpflanzung - und trägt damit ganz entscheidend zum Verständnis des Lebenszyklus der Trüffel bei.
Das Leben des Trüffelpilzes findet vollständig unter der Erde statt. Durch diese Lebensweise können die Pilze nicht wie oberirdisch wachsende Pilze von Tieren entdeckt und die im Fruchtkörper eingeschlossenen Sporen mit dem Wind verbreitet werden. Deshalb bedient sich der Pilz eines „Tricks“. Am Ende seines Lebens, also im Stadium der Sporenreife, entwickelt er einen betörenden unwiderstehlichen Geruch, mit dem er Tiere anlockt, die ihn vertilgen oder zumindest anknabbern und die unverdaulichen Sporen an anderer Stelle mit dem Kot wieder ausscheiden. Sogar Großvögel tragen zur Verbreitung der Sporen bei, indem sie „Trüffelfresser“ verspeisen. Spannenderweise hat es die Natur so eingerichtet, dass sich die Tiere meistens in einer mit der Nahrungsaufnahme vergleichbaren Umgebung entleeren und so die Chancen recht hoch sind, dass die Sporen an einer zur Mykorrhiza fähigen Pflanze landen.
Je nach Trüffelart keimen die Sporen zu einer bestimmten Jahreszeit aus und bilden ein über mehrere Meter reichendes verzweigtes Pilzgeflecht aus Hyphen (Mycel). Treffen zwei einkernige Hyphen mit genetisch verschiedenen Zellkernen aufeinander verschmelzen diese und wachsen als zweikerniges Mycel weiter. Unter günstigen Umweltbedingungen kommt es dann zum „Trüffel-Sex“: Das jetzt fruchtungsfähige zweikernige Pilzmycel bildet kleine Hyphenknoten, die sog. Primordien, welche innerhalb weniger Monate zum Trüffel-Fruchtkörper heranwachsen. Mit zunehmendem Reifegrad des Fruchtkörpers ändert sich die chemische Zusammensetzung der Aromastoffe. Erreicht der Trüffel seine vollständige Reife hat der Cocktailmix aus je nach Trüffelart verschiedenen Duftkomponenten seine Krönung gefunden und lockt durch seinen intensiven verführerischen Geruch viele Tiere an, die die Leckerbissen verschmausen und für die Verbreitung der Sporen sorgen. Der Kreislauf beginnt von vorne…
Wenngleich der beschriebene Entwicklungszyklus der Trüffel leicht nachvollziehbar ist, ist er dennoch weitaus komplizierter und es verbergen sich dahinter noch einige Rätsel, die gewiss auch im Reich der Wissenschaft zur Faszination der Trüffel-Welt beitragen. Die auslösenden genau aufeinander abgestimmten Faktoren zur Ausbildung der Fruchtkörperbildung sind sicher eines der noch zu lösenden spannenden Geheimnisse.
Mittlerweile wurde auch bei einigen Trüffelarten, z. B. Tuber borchii die asexuelle Vermehrung nachgewiesen und spielt möglicherwiese eine bisher völlig unterschätzte Rolle in der Fortpflanzung der Trüffel.

Lebenszyklus am Beispiel von Tuber melanosporum
Auszug aus “Guide Pratique de Trufficulture / P.Sourzat” (4. Ausgabe)